Literaturempfehlungen zu Ludwig II.

 

Rezensionen:

Der tragische König
Leben und Tod König Ludwigs II. von Bayern
Autor Erika Brunner


Das verlorene Paradies Ludwig II.
Autor Robert Holzschuh

Die letzten Tage im Leben von König Ludwig II.
Autor Alfons Schweiggert


Weitere Literaturempfehlungen:

Albert Widemann: Ludwig II. - heute gesehen

Franz Herre: Ludwig II./Weltbild Verlag

Werner Bertram: Der einsame König/Martin Herpich & Sohn

Anton Sailer: Bayerns Märchenkönig/Bruckmann

Georg Lohmeier: Von der Steinzeit bis Stoiber/Langen Müller

Dr. Peter Gauweiler (Staatsminister a. D.):
Bayerische Profile - Zur Entmündigung des Königs /Langen Müller

Erika Brunner: Der tragische König/Peter Glowasz Verlag

Dr. Alexander Rauch: Gebaute Geschichte 1-4/Charivari Buchverlag

ebenderselbe: Schloß Herrenchiemsee/Koehler & Amelang

Die Bücher

  • Werner Bertram: Der einsame König
  • Anton Sailer: Bayerns Märchenkönig
  • Dr. Peter Gauweiler: Bayerische Profile
  • Dr. Alexander Rauch: Gebaute Geschichte
sind nur noch antiquarisch erhältlich!

Rezension des Buches
Der tragische König
Leben und Tod König Ludwigs II. von Bayern
Autor Erika Brunner
Peter Glowasz Verlag
2. überarbeitete und erweiterte Auflage

Endlich!
Dieses Wort kommt einem unwillkürlich in den Sinn, wenn man das umfangreiche Werk (751 Seiten) gelesen hat - aber nicht weil man dieses Buch nun bewältigt hat, nein, weil sich endlich ein Autor gefunden hat, der sich mit dem Schicksal König Ludwig II. in einer Weise auseinandersetzt, wie man es heute nicht mehr gewohnt ist.

Hier wird endlich der Versuch unternommen, die Lügen, Unwahrheiten und abstrusen Vorstellungen, die über den König existieren, kritisch zu hinterfragen und zurechtzurücken. Man spürt die Liebe und das Verständnis, das die Autorin dem König entgegenbringt - trotzdem wird die Ebene der kritischen Distanz nie verlassen. Man spürt, daß die Autorin ein lebenserfahrener Mensch ist, der sich in die Persönlichkeit und in die Situation Ludwigs perfekt hineinzuversetzen vermag.

Heraus kommt der Mensch Ludwig, mit seinen Problemen, Hoffnungen, Höhenflügen und Niederlagen.

Die wahre Geschichte des letzten wirklichen Monarchen seines Jahrhunderts, heißt der Untertitel und das ist nicht übertrieben. Dieses Buch kommt der Wahrheit über den König am nächsten. Angefangen von der schicksalhaften Geburt als Erbe des Bayernthrons, über den Regierungsantritt voller Hoffnung und Zuversicht, die Errettung Richard Wagners und den grausamen Verlust des Freundes, die zerbrechende politische Welt in der Mitte des 19. Jahrhunderts, seine Sehnsüchte und Träume, die Götterdämmerung bis hin zur Königskatastrophe im Starnberger See - überall bemerkt man die angenehme und spannenden Art die Geschichte König Ludwig II. völlig neu zu erzählen. Jedes Detail ist sorgfältig recherchiert und spiegelt das immense Basiswissen der Autorin wieder. Wie der Bildhauer sein Werk aus dem Steinblock befreit, so befreit Erika Brunner den König von all den lästigen Vorurteilen und Lügengeschichten. Der Autorin Erika Brunner sei Dank für dieses überragende Werk.

Meisterhaft wird hier gerade über die letzten Tage und Stunden unter Berücksichtigung der zeitlichen Abfolge der Ereignisse berichtet. So kann endlich der verständliche Wunsch des Königs sich selbst zu töten (nachdem ihm die Entmündigung und Entmachtung mit brutaler Härte ins Gesicht geschleudert wurde) und der Wunsch (zwei Tage später) aus dem Gefängnis in Berg zu fliehen - in der richtigen Proportion wahrgenommen werden. Oder die Abneigung Dr. Müllers, die zu einer total verzerrten Wahrnehmung führte. Die scheinbaren unversöhnlichen Widersprüche in der Geschichte um Ludwig II. werden so plausibel und nachvollziehbar.

Die Guglmänner empfehlen dieses Buch allen, die einmal ohne die übliche Vorurteilsbrille auf das schillernde Leben des berühmtesten Monarchen Bayerns, des Retters Richard Wagners und des größten Baumeisters des Historismus blicken wollen.

Dem Verleger Peter Glowasz - der sich als Verfasser verschiedener Bücher über den König und engagierter Ludwigforscher einen Namen gemacht hat - ist es zu danken, daß dieses umfassende Werk in einer für alle Leserschichten erschwinglichen Taschenbuchausgabe erscheinen konnte.

Rezension des Buches
Das verlorene Paradies Ludwig II.
Autor Robert Holzschuh

Eichborn-Verlag

Auf den ersten Blick präsentiert sich dieses Buch in einer nüchternen, wissenschaftlich-dokumentarischen Form. Doch was auf Anhieb so seriös und unangreifbar wirkt, stellt sich am Ende der Lektüre als ein Werk heraus, das aus einer dubiose Quelle gespeist wird. Im Anhang muß der Autor sogar eingestehen, daß die Briefe, die diesem Buch zugrunde liegen, auf eine äußerst merkwürdige Weise in den Kunsthandel eingeführt wurden. Nach dem Tod des Königs - so erfährt man - wurde der Marstallfournier Hesselschwerdt von Graf Holnstein so unter Druck gesetzt, daß dieser letztendlich diese Briefe an ihn herausgab. Graf Holnstein war aber - und das ist unter Historikern unbestritten - der erbitterte Gegner Ludwig II. und die treibende Kraft bei der Vorbereitung des Entmündigungsverfahrens. Holnstein betrog den König auch um Geld aus dem Welfenfonds. Aus diesem Grund war er später beim Prinzregenten in Ungnade gefallen. Um die dafür nötigen Dokumente anfertigen zu können, stand er in Verbindung mit einer zweifelhaften Person , die die Handschrift des Königs vollendet zu fälschen vermochte. (Quelle: Erika Brunner, Der tragische König,
Seite 605, 2. erweiterte Auflage, Peter-Glowasz-Verlag Berlin)

Dann waren diese Briefe über 100 Jahre verschwunden. Vor zwei Jahren tauchte eine unbekannte Person bei dem Auktionshaus Hartung & Hartung in München auf und gab diese Briefe zur Versteigerung. Eine Echtheitsprüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen erfolgte dennoch nicht. Die Echtheit wurde vielmehr nur durch den Auktionator bestätigt und garantiert?!

Spätestens hier beginnen bei kritischen Zeitgenossen die Alarmleuchten zu blinken - das wäre ja eine Lizenz zum Gelddrucken! Der Verkäufer eines historischen Dokuments mit zweifelhafter Vergangenheit stellt selbst die Echtheit fest - und beeinflußt dadurch natürlich den Preis: 180.000,- DM mußte der Sammler und Autor Robert Holzschuh hinblättern, bevor er für diese zweifelhaften Dokumente den Zuschlag bekam. Das ist zwar erheblich weniger, als der Stern für die Hitler-Tagebücher berappen mußte, aber die Umstände sind ähnlich dubios und wenig seriös.

Es gibt nach wie vor keinerlei Beweise, daß König Ludwig II. diese Briefe wirklich selbst geschrieben hätte.

Die Echtheit von Papier und Tinte beweist nur, daß die Briefe aus der Zeit Ludwigs stammen und Fälschungen aus der damaligen Zeit sind. Wenn z.B. eine Zeichnung von Leonardo da Vinci auf so dilletantische Weise in den Kunstmarkt eingeführt worden wäre, würde man doch mit Recht erhebliche Zweifel an der Echtheit anmelden.

Kommen wir nun zum Inhalt des Buches. Der Autor negiert völlig, daß Briefe das Leben eines Menschen nur ausschnitthaft zu zeigen vermögen. Bei der Lektüre dieses Buches hat man immer das Gefühl, das Leben Ludwigs wäre ganz auf diese schriftlichen Aufzeichnung reduziert. Hier wird ein vollkommen negatives, verzerrtes und einseitiges Bild des Königs gezeichnet.

Es wird wieder einmal versucht, König Ludwig als vollkommen haltlosen, moralisch verderbten, homosexuellen Menschen darzustellen. Das soll posthum wieder einmal seine Geisteskrankheit, die Rechtmäßigkeit und Unausweichbarkeit seiner Entmündigung und schließlich seinen angeblichen Selbstmord beweisen.

Alles muß herhalten, den König negativ zu zeichnen - jedes Verhalten des Königs wird zu seinen Ungunsten interpretiert. Überall wimmelt es von „Beweisen“ für die angeblichen homoerotischen Neigungen des Königs. Interessant ist vor allem, was nicht in diesem Buch zu lesen ist: Die Verdienste Ludwigs um Musik (Wagner), Baukunst, Humanität und Technik sind vollkommen ausgeblendet - nur die angebliche Homosexualität wird wahrgenommen. Die Art, wie König Ludwig vollkommen eindimensional auf ein sexgieriges Monster reduziert wird, ist abstoßend.

Wenn der Autor sich schon berufen fühlt, ein Buch über die Sexualität König Ludwigs zu schreiben, dann dürfte - wenn hier seriös gearbeitet worden wäre - das Thema Ludwig und die Frauen nicht auf die mißlungene Verlobung reduziert werden!
Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, daß Ludwig sehr wohl Kontakte mit dem weiblichen Geschlecht gepflegt hat. Die Beziehung zu Sissi war lange nicht so platonisch, wie - um den Ruf der Kaiserin nicht zu gefährden - damals behauptet wurde. Die Schauspielerin Lila von Bulyowsky (mit dem „Bulyowsky -Luder“ jagte er bei frivolen Spielen durch das ganze Schloß Hohenschwangau) war eine seiner Favoritinnen. Ja, es gab sogar ein Spottgedicht auf diese Beziehung: „Nachdem ihm Richard lange vorgeleiert, ist der Bulyowsky endlich es gelungen, daß sie das rechte Lied ihm hat gesungen. Der Keusche ist nun andern gleich gefallen.“ (Süddeutscher Verlag) Erst die Königinmutter beendete diese Beziehung. Die Bildhauerin Elisabeth Ney lebte 4 Jahre bei ihm in der Residenz und gebar ein Söhnchen namens Arthur! Vorher war Sie überstürzt und mit viel Geld ausgestattet nach Amerika abgereist.

Das Buch beginnt mit der Verlobung die von Ludwig gelöst wurde - von der Liebesbeziehung seiner Verlobten zum Fotografen Hanfstengel wird zwar berichtet, aber es wird angenommen, Ludwig hätte davon nichts gewußt. Ludwig war sicher nicht so naiv und uninformiert, wie der Autor ihn gerne hätte und so wird die Entlobung selbstredend als Folge der beginnenden homoerotischen Neigungen interpretiert. Weiter erfährt man „Neuigkeiten“ aus dem Tagebuch Ludwigs. Dieses Tagebuch wurde in der Schweiz von Edir Grein (Pseudonym für Erwin Riedinger, dem Stiefsohn von Ministerpräsident Lutz) herausgegeben. Lutz war der Betreiber des Putsches gegen Ludwig und auch der Nutznießer. Sein Jagdfreund Prinzregent Luitpold ließ ihn auch nach der Königskatastrophe nicht fallen und so konnte Lutz weiter Ministerpräsident bleiben. Auch diese Tagebücher sind gefälscht oder zumindest verfälscht. Der Kampf Ludwigs um Reinheit und gegen Befleckung ist heute längst als sein verzweifeltes Ringen gegen Selbstbefriedigung erkannt. Auch hier glaubt der Autor den Beweis für Homosexualität und Perversion entdeckt zu haben.

Die Briefe selbst enthalten so viele innere Widersprüche, daß allein dadurch die Echtheit bezweifelt werden muß. Der Fälscher hat sich dadurch ungeschickt verraten, daß er zu dick aufgetragen hat. So ist das „Verbrenne dieses Blatt“ - ein verräterischer Hinweis. Denn wenn man davon ausgeht, daß Ludwig bewußt war, wie „heiß“ dieses Thema ist, dann hätte er ja sicher keine schriftlichen Befehle erteilt. Er hätte ja Hesselschwerdt überhaupt nicht schreiben müssen, sondern solche Befehle ganz bequem, ohne belastendes Material zu produzieren, mündlich erteilen können und sich nicht in die Hand eines Dieners begeben müssen. Daß das „Verbrenne dieses Blatt“ ja die direkte Aufforderung ist, dies gerade nicht zu tun, dürfte auch Ludwig klar gewesen sein. Wenn man außerdem lesen muß, unter welch banale Inhalte der Fälscher „verbrenne dieses Blatt“ geschrieben hat, dann wird schnell klar, daß hier etwas nicht stimmt. (Lieber Karl! Wenn Du den Welker über das Stehenlassen des Bartes sprichst, so tue das ganz von Dir aus. Verbrenne dieses Blatt. Ludwig) Auf der anderen Seite war ja Hesselschwerdt sein Vertrauter - hier wäre dieser Hinweis unsinnig und überflüssig.

Der vom König sogenannte „Kunis“ wird hier von Autor fälschlich als Bezeichnung für die männlichen Geschlechtsorgane gedeutet - tatsächlich aber war es im 19. Jahrhundert eine Bezeichnung für die Barttracht des Mannes. (Historiker und Autor Jean-Marie Schlim) Nur so bekommt die Stelle: „schaue, ob der Kunis schon etwas gewachsen ist“, einen (plötzlich vollkommen harmlosen) Sinn. Hier wird deutlich, wie sehr Holzschuh von der fixen Idee beherrscht wird, Ludwig wäre homosexuell gewesen. Wenn man überdies noch weiß, daß König Ludwig für seine Feste und lebenden Bilder in Schoß Linderhof (Blaue Grotte, Maurischer Kiosk, Hundinghütte, Einsiedelei des Gurnemaz) junge Männer mit einem gewissen Aussehen brauchte, wird vollkommen klar, daß hier, wie bei einem Casting, Darsteller für Orientalen und Germanen gesucht worden sein dürften. Mit einer solchen Botschaft könnte man natürlich kein Skandalbuch schreiben; also muß der Kunis "wachsen" - ob das einen logischen Sinn ergibt oder nicht, ist völlig egal. Die männlichen Geschlechtsteile wachsen beim Erwachsenen Manne ja nicht, wohl aber der Bart!

Nur der Autor ist felsenfest überzeugt, daß hier Sensationelles enthüllt wird. Man spürt deutlich, daß der Autor, der immerhin 180.000,- DM für zweifelhafte Dokumente ausgegeben hat, der Einsicht, daß diese Briefe Fälschungen aus der Zeit Ludwigs sein könnten, verständlicherweise reserviert gegenübersteht. Es ist ihm nicht klar geworden, daß man damals ein möglichst drastisches, im moralischen Sinne belastendes Material brauchte, um Ludwig entmündigen und vom Thron vertreiben zu können. Nur so konnte die Luitpoldinische Line überhaupt an die Macht gelangen. Ludwig III. steuerte diesen Putsch subtil aus der Deckung heraus.

Neben Oberststallmeister (im Volksmund Roßober genannt) Graf Holnstein, war der Adressat der Briefe, Marstallfournier Karl Hesselschwerdt der Hauptbelastungszeuge im Ferngutachten gegen Ludwig II. (Dr. Gudden hatte ihn ja nie persönlich untersucht, sondern stützte sein Gutachten ausschließlich auf das Material, welches die Vorgenannten durch Drohung und Bestechung von den Dienern herausgepreßt haben. (Holnstein war ja als Oberststallmeister der Chef der Dienerschaft, die sich ausschließlich aus Chevauxlegers - Soldaten der leichten Kavallerie - rekrutierten) Das alles geschah im Auftrag von Ministerpräsident Lutz, dem es so schlußendlich gelang, den entschiedenen Gegner des Deutschen Reiches, König Ludwig II. von Bayern (Ludwig blieb z. B. der Reichsproklamation in Versailles demonstrativ fern) durch die reichs- und bismarckfreundlichen Monarchen Prinzregent Luitpold (der Onkel
Ludwig II.) und Ludwig III. (Cousin Ludwig II.) zu ersetzen. Daß er dabei buchstäblich über Leichen ging, zeigt der Tod König Ludwigs sowie der Tod Dr. Guddens (der als „nützlicher Idiot“ natürlich auch verschwinden mußte) allzudeutlich. Auch darüber erfährt der Leser nichts.

Hesselschwerdt galt damals schon als eine schillernde Figur die log und betrog, was das Zeug hielt. So behauptete Hesselschwerdt, Ludwig hätte ihm den Auftrag erteilt, in Italien eine Räuberbande (!) anzuwerben, um mit deren Hilfe den preußischen Kronprinzen Friedrich in Mentone zu überfallen und in einer Höhle bei Wasser und Brot in Ketten gefangen zu halten. Die Diener würden geschlagen, eingekerkert, (ein Verließ war in Neuschwanstein gar nicht vorhanden) angespieen, nach Sibirien (!) verbannt - nichts ist abstrus genug, um nicht von Hesselschwerdt gegen den König vorgebracht zu werden: er habe den Befehl erhalten, in Neapel, in Konstantinopel, in Teheran - sogar in Brasilien nach Geldquellen zu suchen - ja mit Hilfe einer Räuberbande (offensichtlich eine fixe Idee Hesselschwerdts - er wäre wohl allzugerne Räuberhauptmann gewesen) bei Banken in Stuttgart, Frankfurt, Berlin oder Paris einzubrechen. Eigenartig nur, daß viele Diener es jahrelang beim König aushalten, ja nichts von dessen despotischen Befehlen zu berichteten wissen und den König vielmehr als den großzügigsten, liebeswertesten und teilnahmsvollsten Menschen schildern, den sie je gekannt hätten.

Vom Autor dagegen werden die Räuberpistolen Hesselschwerdts für bare Münze gehalten. Es ergeht ihm hier nicht anders als Dr. Gudden, der aufgrund solcher Aussagen und Dokumente sein Gutachten anfertigte. Gudden selbst war dann maßlos erstaunt, als er statt eines tobsüchtigen, schäumenden und um sich schlagenden Irren, einen äußerst höflichen, leicht sarkastischen, völlig ruhigen Monarchen vorfand, der ihm in völliger Klarheit des Geistes sofort die logischste aller Fragen stellte: „Ja, wie sind sie denn zu dem Gutachten gekommen, Sie haben mich doch gar nicht untersucht?“

Im dritten Teil des Buches geht es um die Sanierung seiner Finanzen. Auch hier verwendet der Autor jede Aktivität Ludwigs sofort gegen ihn. Daß Ludwig bis zum Ende verzweifelt nach Geldquellen suchte, wird nicht zu seiner Entlastung angeführt; nein, auch der aktive und positive Gestaltungswille wird vom Autor in der Schublade „realitätsfremde Wahnvorstellungen“ abgelegt.

Welch kühlen Kopf Ludwig auch in der äußersten Finanznot bewahrt hat, darüber erfährt man in Holzschuhs Buch nichts. Am 17. 4. 1886 (59 Tage vor seinem Tod) schreibt Ludwig noch an das Gesamtministerium:
„Es ist mein Wille, daß zur Ordnung der Verhältnisse Meiner Kabinettskasse von Meiner Regierung noch dem gegenwärtig versammelten Landtage eine Vorlage gemacht und mit tunlichster Beschleunigung die hierauf bezüglichen Vorschläge Mir unterbreitet werden.“ So schreibt kein Geisteskranker! (dtv König Ludwig in Augenzeugenberichten)

Am Ende erfährt der Leser noch die älteste und abgeschmackteste aller Lügen: König Ludwig wäre ertrunken. Das ist aber heute längst erwiesen, daß Ludwig gerade nicht ertrunken sein konnte. Georg Lohmeier, Albert Widemann, Peter Glowasz, Erika Brunner und andere Ludwigforscher haben die Ertrinkungstod/Selbstmord-Theorie längst widerlegt.

Der letzte Absatz verrät den Grundtenor des Autors deutlich: „Andere wollen diesen Spekulationen nicht weiter nachgehen und nicht länger darüber grübeln, denn sie wissen: Gott hat in seiner Gnade und Barmherzigkeit den armen König zu sich geholt - auf dieser Erde hatte er keine Heimat mehr.“ Der Autor hält sein Werk offensichtlich für das ultimative Buch über den wahren Charakter Ludwig II. - bitte nicht mehr nachgrübeln und nachdenken. Sonst könnten ja am Ende noch die Ungereimtheiten dieses Buches zutage treten.

Alles in allem, ein weiterer Aufguß der sattsam bekannten Vorurteile gegen Ludwig. Dieses Buch beschreibt gebetsmühlenhaft Ludwig als den willenlosen, homosexuellen, politisch desinteressierten, prunksüchtigen, ichbezogenen, despotischen Psychopaten, der froh sein konnte, daß er starb, bevor seine Schande ans Licht kam. Dieses Buch urteilt nicht, es verurteilt.

So eindimensional kann man heute nicht mehr über Ludwig schreiben. Ludwig war eine vielgestaltige, schillernde, faszinierende und äußerst schwierig zu beurteilende Persönlichkeit. Leider wurde hier die Chance vertan, dem Menschen Ludwig gerecht zu werden. Für 34,- DM sind die 162 kleinformatigen Seiten teuer bezahlt, es sei denn, man erfreut sich gerne an edler Buchtypografie.

Rezension des Buches
Die letzten Tage im Leben von König Ludwig II.
Autor Alfons Schweiggert
EOS-Verlag Erzabtei St. Ottilien

Eine interessante Neuerscheinung auf dem Markt der König-Ludwig-Literatur:
„Die letzten Tage im Leben von König Ludwig II.“ von Alfons Schweiggert. Schweiggert wird von König-Ludwig-Interessierten seit Jahren alsAutor geschätzt, der immer wieder mit interessanten Büchern überrascht. (Es war einmal ein Märchenkönig, Jetzt rede ich, Schattenkönig (Otto), Der Kronprinz, Der König bin ich, Die große König-Ludwig-Glocke.)

Was ist neu an diesem Buch? Der interessierte Leser findet hier erstmals einen totalen Überblick über die letzten Stunden im Leben des Königs. Wie verhaftet man einen König? Wie ging die Verhaftung vor sich? Wie reagierte Ludwig auf diesen in der Weltgeschichte einmaligen Vorgang? Durch das minuziös genaue Gegenüberstellen der einzelnen Aussagen, Vorkommnisse und Gespräche ergibt sich ein lebendiges Bild der dramatischen Stunden vor der Königskatastrophe von 1886. Der geneigte Leser kann jetzt wie ein Kriminalkommissar versuchen, aus den einzelnen Aussagen und Vorkommnissen sich selbst ein Bild zu machen.

Daß mit dem Tod König Ludwigs etwas nicht stimmt, dieses unbestimmte Gefühl haben wir Bayern schon lange. Dieses Buch aber ist so genau recherchiert, daß die Widersprüchlichkeiten dieser Mordverschwörung ganz klar zutage treten. Nach diesem Buch kann wirklich niemand jemals wieder behaupten, es gäbe keinerlei Hin weis auf eine Gewalttat.

Der letztendliche physische Beweis fehlt natürlich auch hier, denn dieser wäre am Ende nur durch ein aktives Forschen am Allerhöchsten Leichnam zu erbringen. Dadurch, daß wir heute in der Lage sind, mit modernsten wissenschaftlichen Methoden Erkenntnisse zu gewinnen, von denen man vor wenigen Jahren noch nicht mal zu träumen gewagt hätte, ist ein zusätzlicher Beweis für die Vertuschungsstrategie offizieller Stellen bis auf den heutigen Tag! Was ist noch heute so heiß, daß es nicht veröffentlicht werden darf, daß es niemals, offensichtlich um jeden Preis verborgen gehalten werden muß? Das ist am Ende die Frage die dieses Buch stellt.

Die Benediktinermönche wissen mehr über die Todesumstände des Königs, als gemeinhin angenommen wird. So ist bemerkenswert, daß in einem Verlag des Benediktinerordens ein Buch erscheint, das die letzte Ruhestätte des Königs in den Benediktinerklöstern Andechs, Schäftlarn oder Scheyern vermutet ­ hochbrisant, da von offizieller Seite diese Vermutungen stets verneint wurden. (Eine Abordnung der Guglmänner und der Historiker und wohl beste Kenner der bayerischen Geschichte, Georg Lohmeier hatten bereits vor 2 Jahren mit großem Presseecho am wahren Grab Ludwig II. in der Marienkapelle der Klosterkirche in Andechs einen Kranz niedergelegt!)

Dieses Buch birgt viele Schätze, die alle entdeckt werden wollen. Interessant sind die äußerst selten gedruckten Abbildungen. So findet man in diesem Buch z.B. ein zeitgenössisches Foto, das den Unglücksort vom Ufer aus zeigt, so wie der König ihn wohl auch zuletzt gesehen hat. Oder auch zeitgenössische Darstellungen der Guglmänner im Leichenzug des Königs, die so noch nie veröffentlicht worden sind. Oder ein Bild von Dr. Grashey. Dort, wo keine Fotos oder Bilder vorhanden waren, ging der Autor hin und zeichnete exakt nach den Angaben von Zeugenaussagen äußerst interessante Szenerien.

Durch die Technik der Zeichnung wird das Geschehen plötzlich plastisch und so verwundert es nicht, daß auch hier Ungereimtheiten schlaglichtartig augenfällig werden. Ein kleines Beispiel mag dies verdeutlichen: die beiden Leichen wurden gefunden, mit den Füßen auf dem Grund aufstehend, Oberkörper auf der Wasseroberfläche aufliegend und die Arme nach unten hängend. Liest man diese Aussage, erscheint sie zunächst plausibel. Jetzt aber gibt es davon eine Zeichnung, und sofort wird deutlich, daß hier etwas nicht stimmt, nicht stimmen kann! Jeder, der zwei Leichen nebeneinander so im Wasser treibend finden würde, hätte sofort nur einen einzigen Gedanken: hier stimmt etwas nicht. Hier ist etwas bewußt inszeniert worden! So liegen keine z w e i Leichen aus purem Zufall parallel nebeneinander. Außerdem: wenn Ludwig Gudden gewürgt haben sollte, müßte dann nicht Gudden eigentlich wie ein Maikäfer auf dem Rücken liegen? Solche und andere Fragen löst die Lektüre dieses Buches aus.

Die Guglmänner empfehlen dieses Buch, denn hier hat man ein perfektes Standartwerk das die Umstände des Todes Seiner Majestät auf eine Weise beleuchtet, wie es vorher noch nicht gelungen ist und die schlußendlich zu eigenen Überlegungen anregt.

Dem Buch ist eine hohe Auflage zu wünschen, denn hier wird nicht reißerisch und für den König ehrabschneiderisch eine Sensationsstory zusammengezimmert, nein hier ist jedes Detail sorgfältigst recherchiert.

Dem Autor sei Dank für dieses hervorragende Werk.