13. Juni 2009
123. Todestag König Ludwig II.

Die Prinzregentenstraße muß in „Prinzrebellenstraße“ umbenannt werden

Der Herr Prinzregent, des Königreichs Bayern Verweser: Putschist, Heuchler, letztendlich Königsmörder - eine Schande, daß einer der schönsten Prachtboulevards der Welt den Namen dieses „Verwesers“ trägt - und sein Neffe verwest in der Gruft. Die Guglmänner fordern, daß die Prinzregentenstraße, die eigentlich Prinzrebellenstraße heißen müßte, den Namen König-Ludwig-II.-Straße tragen sollte!

Daß der Herr Prinzregent das Synonym für die gute alte Zeit, die sogenannte Prinzregentenzeit geworden ist, daß Torten, Theater und Straßen nach ihm benannt wurden, darf uns nicht den Blick dafür verstellen, daß er mit äußerster Kaltblütigkeit, Mitleidlosigkeit und Gefühllosigkeit seinen Neffen, seinen König, aufs Tiefste demütigen, entmachten und schließlich töten ließ. Es war ein raffiniert geplanter Staatsstreich, auch wenn das nicht zum offiziell gepflegten Biedermeier-Image des Prinzregenten passen mag. Daß er sich nicht selbst die Krone aufsetzte, sondern sich mit der Rolle des Verwesers „begnügte“, muß nicht in persönlicher Bescheidenheit wurzeln - der Zwang der Verhältnisse (Ludwig II. war ja immer noch unvergessen; noch zu Zeiten Ludwig III. wurde an die Residenz folgender Spruch geschmiert: Ludwig III. krepier - Ludwig II. steh auf und regier‘!) ließ einen solchen Schritt - den erst Ludwig III. wagte - aus Gründen der  Opportunität nicht zu.

Ludwig II. mochte ihn nie. Onkel Luitpold nahm sich gegenüber König Ludwig Freiheiten heraus, die einem Untertanen (auch als Prinz) nicht angemessen waren. Ludwig weist ihn dafür einmal zurecht. Vielleicht war durch diese Verletzung eine Abneigung, ein Haß entstanden, der nur mit dem Tod Ludwigs enden konnte. Luitpold hielt sich sicher für den besseren Regenten, er war reichstreu, deutschgesinnt und militärbegeistert. (Bayerns erster Kanonier!)

Ludwig II. dagegen war ein Vertreter der Bayerischen Eigenstaatlichkeit, poetischer Schwärmer, Pazifist, Kunstmäzen, Musikbegeisterter, Mitschöpfer der Werke Richard Wagners aber auch ein moderner Förderer innovativer Technik, Idealist und poetischer Träumer auf dem Königsthron. (Während der innovationsfreudige Ludwig das erste elektrisch beleuchtete Fahrzeug der Welt fuhr, ließ der altmodische Prinzregent die elektrischen Nachttischlampen in der Residenz wieder entfernen und durch die guten, alten (stinkenden und wenig gesunden) Petroleumlampen ersetzen.

Ludwig II. verabscheute im Gegensatz zum Prinzregenten das preußische Heldenkaisertum. Für ihn war Königtum ein göttlicher Funke in der prosaischen Welt - König zu sein bedeutete für Ihn erwählt zu sein - es war für ihn mehr als nur der „Boß“ zu sein - eine erhabene gottgegebene  Berufung der man sich würdig zu erweisen hatte. Das Christliche Herrscherideal eines Königtums von Gottes Gnaden ist es, wozu er sich bis in den Tod  mit unbeugsamer Entschiedenheit bekannt hat. Mit diesem Bekenntnis zum christlichen Herrscherethos war die skrupellose Blut- und Eisenideologie absolut unvereinbar. Er schreibt zu diesem Thema an Richard Wagner: Mt. 6,24 Man kann nicht Gott und dem Mammon zugleich dienen. Aus der Abneigung gegen das Heldenkaisertum machte Ludwig keinerlei Hehl: in einer nicht mehr zu überbietenden Verachtung nennt er seine preußische Verwandtschaft „jene räuberische Hohenzollern Bagage, das preußische Gesindel“, deren bluttriefende Großmachtpolitik für ihn, den Gottesgnadenkönig, „geradezu verbrecherisch“ ist. Das war der Sprengstoff zwischen ihm und den „Luitpoldingern“.

Wie skrupellos war Luitpold gegenüber seinem „vielgeliebten“ Neffen? Ein Original-Zitat Ludwig II. gibt darüber schonungslos Auskunft:

„Das ist mir ein schöner Verwandter, das ist kein Prinzregent, das ist ein Prinzrebell.“

Ohne die Zustimmung des Prinzen Luitpold hätte die Entmündigung nie und nimmer   stattfinden können. Vielleicht wurde Luitpold benutzt - aber er hat sich auch allzuleicht und allzugerne benutzten lassen. Wäre Luitpold ein lauterer Charakter gewesen, so hätte es ihm doch auffallen müssen, welches Spiel er da mitspielte. Er hätte als loyaler Verwandter hingehen müssen und seinen Neffen warnen. Er übernahm letztendlich die politische Verantwortung für Entmündigung, Entthronung und Tod seines Königs. Was er machte war schlichtweg Hochverrat. Darauf stand die  Todesstrafe. Er mußte sich Ludwig also vom Leibe schaffen, koste es, was es wolle. Ludwig war bei seiner Inhaftierung ja erst 41 Jahre. Wäre er so alt geworden wie weiland der Prinzregent, hätte man ihn über   f ü n f z i g   Jahre gefangenhalten müssen! Unvorstellbar!

Warum sprach der Prinz Luitpold nicht über das Problem „Verschuldung der Zivilliste“ mit seinem „vielgeliebten“ Neffen Ludwig, sondern ließ ihn eiskalt ins Messer laufen?

Warum hintertrieben er und sein Sohn Ludwig (nachmals Ludwig III.) den 10 Mio-Kredit aus Wien durch deren gute Beziehungen zum Haus Habsburg?

Warum bestimmte Luitpold den größten Schuft und Ludwighasser (Die rote Pferdeexzellenz) Graf Holnstein zu dessen Vormund? (Holnstein erhielt an der Zuwendung aus dem Welfenfonds eine satte Provision - die Verschuldung der königlichen Zivilliste geht einher mit dem Anwachsen des gräflichen Vermögens)

Warum ließ Luitpold Ludwig bei Nacht und Nebel in Neuschwanstein abholen wie einen Schwerstverbrecher? Die Kutsche war eine „Grüne Minna“ mit Haltefesseln für die Beine und abmontierten Drückern! (Dauer der Kutschfahrt 8 Stunden!)

Warum läßt er zu, daß ein Gutachten erstellt wird, ohne daß einer der Ärzte den König persönlich untersucht?

Warum bestand Luitpold nicht darauf, daß das gesamte Kabinett Lutz zurücktrat, sondern erteilte vorab Lutz sozusagen einen Persilschein, eine Garantie auf das Amt?

Warum reichte Luitpold nicht eine Abdankung Ludwigs als König, warum bestand er auf der Demütigung durch angebliche Geisteskrankheit?

Warum beließ Luitpold nicht den Adjutanten Grafen Dürkheim in Neuschwanstein als persönlichen Beistand in der schwersten Stunde des Königs?

Warum erlaubte Luitpold noch nicht einmal, daß ein Geistlicher den Pfingstsonntagsgottesdienst in Berg zelebrieren konnte? (Ludwig war sehr religiös, es wäre für ihn ein Seelentrost gewesen, gerade an Pfingsten - alljährlich naht vom Himmel eine Taube, um neu zu stärken seiner Wunder Kraft, es heißt der Gral, und selig reinster Glaube, erteilt durch ihn sich seiner Ritterschaft - am Gottesdienst teilnehmen zu können)

Luitpolds Macht endete natürlich schnell im Deutschen Reich. Für Bismarck war er nur ein nützlicher Idiot. Ohne Bismarck konnte er noch nicht mal verreisen, Staatsgäste empfangen etc. Eine seiner wenigen Freiheiten war, die Hoftafel auf Freitag zu legen, so daß die protestantischen, preußischen Gäste eine Dispens des Erzbischofs erwirken mußten, (diese mußte vor dem Essen laut vorgelesen werden)  um trotz des Freitagsgebots Fleisch essen zu dürfen! Deshalb muß man auch annehmen, daß die Preußen im Königsmord verwickelt waren. Undenkbar, daß ohne Wissen Bismarcks und des Kaisers in Bayern der König abgesetzt und beseitigt werden konnte.

Hinter der Maske des Biedermannes verbarg sich ein absolut bösartiger Charakter. Sissi weigerte sich nach Ludwigs Tod zeitlebens, Luitpold auch nur zu sehen, obwohl eine Ihrer Töchter mit einem Sohn des Prinzregenten verheiratet war. Sie verfaßte ein bitterböses Gedicht über den Regenten. Eine unerhörte Provokation - sie war immerhin die Kaiserin von Österreich! Man stelle sich einmal vor: die Frau des österreichische Bundespräsident veröffentlichte ein solches Gedicht über den deutschen Bundespräsidenten; ein internationaler, diplomatischer Skandal allererster Güte wäre die Folge. Damals war es sicherlich nicht anders.

D E R     P R I N Z R E G E N T

Seht den heuchlerischen Alten!
Drückt ihn sein Gewissen nicht?
Tut so fromm die Hände falten,
Sauersüß ist sein Gesicht.

Wie sein langer Bocksbart wackelt!
Falsch’re Augen sah man nie;
Ist sein Hirn auch ganz vernagelt,
Steckt es doch voll Perfidie.

Seinen Neffen, seinen König
Stieß er tückisch von dem Thron;
Doch dies ist ihm noch zu wenig,
Säh’ sich dort gern selber schon.

Könnt ihr auch noch dies ertragen
Bayerns Volk, dann seid ihr’s wert,
Daß, am Pranger angeschlagen,
Ihr in Ewigkeit entehrt!

Eh’ sie ihn zum König salben,
Stürzt mit donnerndem Gekrach
Wenigstens ihr, stolze Alpen,
Tötend über Bayerns Schmach!

                                 Elisabeth

                      Kaiserin von Österreich

Luitpold war mit Freuden bei Hurrataumel und Heldenkaiserverehrung der Reichsgründung dabei - Ludwig zog es vor, diese Schandveransstaltung, die das heilige Versailles besudelte, die Frankreich so sehr demütigte, daß daraus ein erster und später ein zweiter Weltkrieg entstand, fernzubleiben. Auch eine unerhörte Provokation, die wir heute nicht mehr nachvollziehen können. Bei der Reichsgründung offenbarte sich auch die Abneigung der Brüder Ludwig und Otto gegen Luitpold. Otto hatte - nach zeitgenössischen Berichten - Angst vor ihm wie vor einem großen Fleischerhund. Ein häßliches Gerücht machte rasch die Runde: Otto hätte sich bei der Proklamation im Spiegelsaal in die Hose gemacht. So groß war die Abneigung der Wittelsbachbrüder gegen Kaiser und Reich. Wir sind sicher, daß schon damals Bismarck an eine Ablösung Ludwigs dachte. Luitpold kam ihm gerade recht. Es sollten jedoch noch Jahre vergehen - das Reich mußte sich erst festigen - ehe Bismarck zuschlug. Die Zeit war noch nicht reif. Vielleicht wurde Otto etwas in den Wein gegeben, um so auch gegen den Bruder Ludwigs intrigieren zu können. In Bayern hieß es landauf, landab: Prinz Otto hat auf das deutsche Reich gesch.....! Ob Otto wirklich verrückt war, müßte auch einmal separat untersucht werden. (Gutachter Dr. Gudden) Ernstzunehmende Stimmen behaupten, Otto wäre unter Drogen gehalten worden.

Luitpolts Sohn Ludwig (nachmals Ludwig III.) war noch schlimmer. Bereits 1867 ließ er Gerüchte ausstreuen, er wäre unter Umgehung Luitpolds (seines Vaters!) bereit, den bayerischen Königsthron zu besteigen. (O-Ton Ludwig: „Meine geistlosen Vettern“ - und - „der rote Prinz“) Auch gefiel er sich in der Rolle des Biedermannes: Als Millibauer und Topfenresl sollten er und die Königin in die Geschichte eingehen. Nicht nur daß er bei der Vereitelung des 10 Mio. Kredits eine federführende Rolle spielte, er bedauerte auch öffentlich, daß sein Vater so lange lebe, er versuchte - wenn auch vergeblich - auch dessen Entmündigung herbeizuführen (wg. hohen Alters), setzte das Tambosigerücht (Ludwig II. wäre gar nicht Maxens Sohn) am Biertisch mit Oskar v. Miller in die Welt und scheute sich nicht, noch zu Lebzeiten seines Königs Otto - dem er den Treueid geschworen hatte - sich selbst die Krone aufs Haupt zu setzen. Das Volk hatte für die vielfältigen Intrigen ein feines Gespür - Ludwig der Vielfältige bezog sich sicher nicht nur auf sein „Markenzeichen“ - die chronisch ungebügelten Hosen.

Wie weit in der Bevölkerung das Majestätsgefühl schon abhanden gekommen war, illustriert folgende Anekdote: Ludwig III. prostete einmal im Hofbräuhaus einem Viehhändler am Nebentisch zu. Dieser aber war zu phlegmatisch um zurückzuprosten und bemerkte trocken zum König: Vergeltsgott Majestät - aber i hab grad drunga. (getrunken) Für die Kunst interessierte sich Ludwig III. selbstredend natürlich nicht.

In der Kammer der Reichsräte entblödete sich Ludwig III. nicht, gegen den ausdrücklichen Wunsch Ludwig II. Regierungsvorlagen abzulehnen. Ludwig III. hatte mehrfach Hausverbot in der Residenz! Ludwig II. pflegte keinerlei Kontakt zu ihm und verbat sich seine plumpe Vertraulichkeit. O-Ton Ludwig II.: „Wie schon früher habe ich auch bei Gelegenheit des jüngsten Besuches Euerer kgl. Hoheit bemerkt, daß Dieselben mit Mir in einem zu freien und die verwandtschaftlichen Beziehungen unpassend hervorkehrenden Ton sich bewegen, wie solches vor dem König nicht angemessen ist.“

Das Schlimmste aber ist aus historischer Sicht, daß er die Gelegenheit in den Wirren des WK 1 die bayerische Eigenstaatlichkeit wieder zu erlangen, und den Krieg rasch zu beenden, nicht ergriffen hat. Er war im Gegenteil einer der Kriegstreiber, die noch Durchhalteparolen ausgaben, als schon nichts mehr zu retten war. Leider verloren noch viele Soldaten durch diesen Starrsinn ihr Leben. Zu Recht wurde er entthront. Ein Vergleich mit Ludwig II. zeigt, welche Welten zwischen diesen beiden Regenten liegen.

Die Luitpoldinische Linie hat sich raffiniert und leise und unauffällig an die Macht geputscht. Deshalb will man auch heute die Geschichte von Ludwig II. unterdrücken. Ludwig III. ist immerhin der Urgroßvater von Herzog Franz. Das wäre eine Erklärung für die eigenartige Scheu der heutigen Wittelsbacher, Licht ins Dunkel um Ludwig zu bringen. Prinzregent und Ludwig III. würden dabei schnell ziemlich alt aussehen. SKH Herzog Franz aber würde als Lichtgestalt in die Geschichtsbücher eingehen, wenn er die düstere Mordverschwörung seiner Verwandten aufklären ließe!